Doch Fähigkeiten wie Multitasking dürfen sie vor der Abfahrt getrost an den Büro-Tür-Nagel hängen. Hier heißt das Zauberwort "Achtsamkeit". Und das bei jeder Gelegenheit.
Sich über Schneekristalle nach dem Nachtfrost zu freuen, an einem Stallfenster Eisblumen zu entdecken, den Hochnebel, der über dem Hochkönig zieht, sich langsam, bedächtig auflösen zu sehen, das sind Ingredenzien der "Achtsamkeits-Therapie". Einfach wieder Kind werden. Aus blanker Freude am Schnee Kugeln rollen. Aus Dreien einen Schneemann bauen. Am Frühstücksbuffet nach einer Karotte Ausschau halten, und ihm damit die Nase verpassen. Imaginär, die mitgebrachten Sorgen dem Schneemann statt Hut draufhauen. Oder ihm beim Abschied die eigene Pudelmütze zum Dank für die schönen Stunden auf den Kopf stülpen.
Autofrei glücklich
Werfenweng mit der Bahn zu erreichen geht "schneeflockenleicht". Selbst aus Berlin ist der kleine Ort im Salzburger Land mit nur einmal Umsteigen zu erreichen. Vor dem Bahnhof wartet der Shuttlebus-Fahrer. Und der kennt dich schon beim Vornamen. Dieser Service ist gratis. Wer seinen Autoschlüssel an der Tourismus-Info-Theke der freundlichen Karin in die Hand drückt, bekommt einen dicken Bonus. Die SAMO Card. Mit dieser Scheckkarte in der Hosentasche kann man zu jeder Zeit das "Gratis-Taxi-Lois" herbeirufen. Einmal in der Woche, an einem Tag, den man selbst bestimmt, steht jedem Gast ein E-Auto für Ausflüge zur Verfügung.
Ab dem ersten Ankunftsmorgen …
… ticken die Uhren anders, freundlicher, langsamer, und doch mobil. In dem gerade einmal 900 Seelenort regiert ein entspanntes E-Konzept. Vor 20 Jahren wurde Peter Brandauer mit 28 Jahren zum Bürgermeister gewählt. Der damals jüngste und zugleich innovativste Amtsträger setzte sich hinter seinen Schreibtisch, und dachte nach. Hatte Visionen, die heute wie ein Spinnennetz mancherorts die österreichische Bergregion überzieht. "In der Ruhe liegt die Kraft" lautete sein Motto. Und seine Gedanken gingen auf. Als er herausfand, dass das österreichische Umweltministerium einen Modellort für sanfte Mobilität suchte, konnte er die Beamten überzeugen, dass Werfenweng, die Almregion der Werfener Bauern, der ideale Ort dafür ist. 1996 war es so weit. Von da ab stand eine kleine Elektroflotte hinterm Dorfplatz für die Gäste bereit. Heute stehen 70 Prozent der gastronomischen Betriebe hinter dem sanften Ferienkonzept.
Die Selbstoptimierung setzt auf den liebevollen Umgang
Wer sich sanft bewegen möchte, leiht sich gratis Langlaufski, und gleitet auf einer der drei Runden um das Tal. Abgeschiedenheit-Suchende könnenden Winter-Zauber abseits der Wanderwege erleben, und - wenn sie wollen - auf ebenfalls gratis verliehene Schneeschuhe zugreifen. Auch von Waltraud geführte Wanderungen in kleinen Gruppen haben ihren Reiz. Die Frau versteht es, eine fröhliche Atmosphäre zu verbreiten. Außerdem erklärt sie das Bergpanorama, wie es nur Einheimische können. Wer Leistung anregend empfindet, kann sich auf Abfahrten von 1.800 bis ins Tal vergnügen, sich von der lichtblauen bis zur grauschwarzen Piste ausprobieren. Und das sind immerhin über 32 Kilometer.
Mit Alpakas und Fackeln durch den Winterwald
Der Alpaka-Vater heißt Gerhard. Sein braunes Lama hört auf den Namen Ibor, das schwarze auf Issidor. Gerhards prächtige Laune überträgt sich schnell auf uns. Wie bei der Fackelübergabe. Anfangs sind die Lamas leicht störrisch, die kurze geräumte Asphaltstrasse schätzen sie nicht. Erst als ihre Hufe den weichen Schnee berührten, bewegen sie sich freudig. Sie an ihrem Hinterteil zu kraulen, wie von Gerhard empfohlen, verlangt Zärtlichkeit. Die darin nicht "Geübten" erlebten, dass der schwarze Issidor mal kurz nach hinten auskeilte. Eindeutiger als Worte es können, drückte diese Reaktion aus, dass Issidor den Entspannungsgrad der "Streichler" für noch verbesserungswürdig hielt.
Auf der Alm kann man leicht lustig sein
Werfenweng liegt auf schneesicheren 1.200 Metern. Einst war es das Almgebiet der Werfen Bauern. Die Zufahrtswege hatten gerade mal Karrenbreite. Jeder kannte jeden. Für die ersten Urlauber in den dreißiger Jahren brauchte die Pferdekutsche vom Bahnhof Pfarrwerfen noch eineinhalb Stunden. Der erste Ski-Lift wurde 1956 aus zweiter Hand gekauft. Von da ab tröpfelte der Tourismus. Von Mund zu Mund verteilte sich die Werbung. Langsamkeit bemerkte man nicht, sie war die Norm. Und mit der war man glücklich. Einen Hauch dieser Zeit spürt man im 400 Jahre alten "Hochhäusel" am Rande des Ortes. Solange man zurückdenken kann, war es das "Wirtshaus hoch oben". Vor fünfzehn Jahren änderte sich das Geschick. Christine Huber machte aus ihrem Heimathaus eine Fremdenpension. Resch und lustig sorgt sie seither für ein gutes Frühstück, fragt nach Vorlieben und erfüllt sie auch. Die gepflegten Zimmer haben noch moderate Preise.
Text von Veronika Zickendraht mit Fotos vom Tourismusverband Werfenweng