Wie nahezu alle Bereiche der Gesellschaft, ob Schule, Opernhaus oder Industriebetrieb, so ist auch die Reisebranche von Corona und seinen Mutanten und der daraus abgeleiteten Politik gefangen. Die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA Bundesverband) unterstreichen die weiterhin katastrophale Lage der Branche. In der ersten Januarhälfte vermelden die Betriebe wachsende Umsatzverluste von 55,1 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019. Mehr als die Hälfte der Stadt- und Tagungshotels sehen sogar ihre Existenz bedroht. Selbst die großen Reiseveranstalter wie TUI und eine große Zahl von Reisebüros ächzen und stöhnen. Der Tourismus zählt zu den am härtesten von der Corona-Krise getroffenen Branchen. Auf etwa 24 Milliarden Euro beziffert der Reiseverband DRV allein die Umsatzausfälle bei Reisebüros und Veranstaltern in Deutschland in zwei Pandemie-Jahren. Aber der Tourismus kann sich auf einen ganz großen Mutmacher stützen. Die Menschen in Deutschland verspüren eine sehr hohe Reiselust. Es gebe einen Nachholbedarf an Urlaubsreisen infolge der Corona-Pandemie. Das ist auf berufenem Mund von dem Tourismusforscher Martin Lohmann von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) zu hören. Doch gleichzeitig dämpfte er die Erwartungen für die Branche. Das hohe Interesse am Reisen führe nicht automatisch zu einer entsprechenden Nachfrage. Viele Unwägbarkeiten wie ständig wechselnde Vorschriften, begrenzter Zugang und reduzierte touristische Angebote bremsen die Reiselustigen erheblich. Auch wenn mittlerweile die Hoffnung auf eine Normalisierung zunimmt.
Wie geht es also weiter mit dem Reisen?
Deutschland bleibt das Reiseziel Nummer 1 bei den Urlaubsreisen und sein Marktanteil wird weiterwachsen. Demgegenüber wird der Anteil an Flugreisen nach wie vor auf geringem Level verharren. Dagegen wird der als kontaktarm geltende Urlaub weiter Konjunktur haben. Davon profitiert zunächst die Campingurlaub und folgerichtig die Branche der Wohnmobile. Doch es ist nicht jedermanns Sache, im Zelt oder Wohnmobil sein Ferienquartier auf quirligen Campingplätzen aufzuschlagen. Da wird dann eine andere Urlaubsform favorisiert: das Ferienhaus. Das Ferienhaus-Geschäft liegt im Januar dieses Jahres wieder auf Vor-Krisen-Niveau, wie die Kommunikations-Agentur KC3 jüngst in einer Presseinformation berichtet. Dieser Trend zeigt sich sehr deutlich bei BestFewo, der größten Buchungsplattform für Ferienwohnungen und Ferienhäuser in Deutschland, die sehr gut ins neue Jahr gestartet ist.
"Die Dynamik der aktuellen Buchungsentwicklung übertrifft unsere Erwartungen. Damit war in Anbetracht der vierten Corona-Welle nicht unbedingt zu rechnen", freut sich Dirk Föste, Geschäftsführer von BestFewo. Es wird vor allem sehr kurzfristig gebucht. Während in den Jahren 2018 und 2019 knapp acht Prozent der im Januar gebuchten Unterkünfte für einen Urlaub im selben Monat gebucht wurden, hat sich die Zahl der Januar-Buchungen mit Anreise im Januar im Jahr 2022 mit knapp 15 Prozent fast verdoppelt. Die Zahl der im Januar gebuchten Ferienwohnungen und Ferienhäuser mit Anreise im ersten Quartal 2022 ist sogar um 20 Prozent gestiegen. Das Ferienhausgeschäft in Deutschland habe sich bereits im letzten Jahr - im Vergleich zu anderen Urlaubsarten wie etwa Flugreisen und Kreuzfahrten - vergleichsweise gut entwickelt, so der BestFewo-Chef. Die Gründe dafür seien vielfältig. "Neben einem generellen Trend zu mehr Individualität, Platz und Privatsphäre spielt uns hier natürlich in die Karten, dass das Ferienhaus mit Blick auf die Pandemie zu den sichersten Ferienunterkünften gehört", erklärt Föste die positive Entwicklung. Das Risiko einer Ansteckung sei äußerst gering. Zudem hätten Urlauber in Deutschland nicht das Problem von sich ständig ändernden Einreisebestimmung. Das sorge für Sicherheit und schaffe Vertrauen.
Am häufigsten wurden im Januar 2022 Unterkünfte in Schleswig-Holstein gebucht, danach folgen Ferienhäuser und -wohnungen in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Der beliebteste Ort ist St. Peter-Ording, gefolgt von Zingst und Otterndorf. Dabei wird das Ferienhaus eindeutig gegenüber der Ferienwohnung favorisiert. "Platz und Komfort sind unseren Kunden heute sehr wichtig. Ein Fünftel von ihnen hat in diesem Jahr größere Unterkünfte gebucht als vor Corona", sagt Föste. Ferienhaus-Urlauber würden zudem mehr Wert auf die Ausstattung mit Whirlpool, Sauna oder Kamin legen. Verändert hat sich auch die Altersstruktur der Gäste: Ferienhaus-Urlauber werden immer jünger. Im Vergleich zu 2019 ist die Zahl der 18- bis 24-jährigen im Jahr 2022 um elf Prozent, und die der 25- bis 34-jährigen um 13 Prozent gestiegen. Der Altersdurchschnitt der BestFewo-Kunden ist von 46,2 Jahre (2019) auf 44,6 Jahre (2022) gesunken. Alle diese ermittelten Zahlen haben eine recht hohe Aussagekraft. Denn die Grundlage für die Analyse von BestFewo sind mehr als eine Million von Buchungen sowie Such- und Reservierungsanfragen aus dem Monat Januar der Jahre 2018 bis 2022. Doch auch andere Vertreter der Reisebranche warten mit einigem Optimismus auf. Beispielsweise verzeichnet die Stena Line im Passagiersegment im Vergleich zu 2020 wieder Zuwächse. Dank eines umfassenden Hygienekonzepts an Bord konnte die Stena Line neben einer guten Sommer- und Herbstsaison insbesondere auf eine stabile Auslastung durch Geschäftsreisende und Pendler zählen.
Die Reiseziele rund um das Mittelmeer werden sich nach Einschätzung von Tourismus-Forscher Lohmann auch wieder erholen. An der Spitze der Länder stehe Spanien, gefolgt von der Türkei, Griechenland und Italien. Hier versprechen sich auch Spezialisten wie Trendtours Touristik einen wachsenden Zuspruch. So hat der führende Veranstalter für Best-Ager-Reisen in Deutschland ganz aktuell eine achttägige Flugreise nach Montenegro auf dem Balkan von April bis Oktober im Angebot. Dunkle Berge, dichte Wälder, beeindruckende Buchten, herrliche Strände und historische Städte zeichnen die kleinste Republik des ehemaligen Jugoslawiens aus. Bei allen Ungewissheiten scheint eines für Urlaubsreisende fest zu stehen: Für all jene, die ihre Reiselust ausleben wollen und können, wird es vor allem in Deutschland wie im Ausland ausreichende und vielseitige Angebote geben.
Von Ronald Keusch, Foto von S-F@Shutterstock/trendtours