Ungefähr 300 Kilometer flussab, das ist an einem Tag nicht zu schaffen, deshalb gibt es einen Zwischenstopp in dem Kuhkaff Pakbeng, das genau und ausschließlich von diesen Touren lebt.
Keiner schaut raus
Warum auch
Könnte auch am Nil sein
Langnasentransporter - denn es befinden sich meist um die 120 westliche Touristen an Bord; ein Dutzend einheimische Mitreisende mag es geben, Kapitän und Mannschaft lesen die meisten irgendwo mitten im Nirgendwo mit all ihrem umfangreichen Sack und Pack auf und liefern sie an für uns nicht erkennbaren Landmarken wieder ab. Waghalsige Manöver sind das, wie überhaupt diese schwerfälligen, 40 Meter langen Gefährte entlang der Stromschnellen, Untiefen, engen Felsdurchfahrten - und bei gelegentlichen technischen Problemen - der Mannschaft alles abverlangen. Der Skipper im Schneidersitz auf einem Barhocker, gelegentlich rauchend, kennt jeden Flussmeter. Chapeau. Allerhöchste Anspannung bedeutet bei ihm: rechtes Bein baumelt und sucht Halt an der Fußstütze seines Chefhockers. Zwei Tage großes Kino mit zwei grundverschiedenen Filmen: draußen läuft der mit der spektakulären Landschaft, drinnen der mit den Langnasen, von denen sich besonders die um die 20-jährigen so benommen haben, als wäre Laos noch immer Kolonie.
Am Bug gehts
Nur Langnasen
Normale Haltestelle
Erst war ich nur irritiert - ich kenne fast nur junge Leute, die sich sehr viel Kopf machen über Postkolonialismus, Achtsamkeit, Diversität und Augenhöhe. Im studentischen Chor der TU Braunschweig (in dem ich noch heute singe) herrscht dieser Diskurs recht selbstverständlich. Aber da bin ich womöglich in einer wenig repräsentativen Blase. Die Kids hier auf dem Mekong Longboat waren aus dieser britischen Abteilung "the world is my oyster" - die Welt ist meine Auster - heißt: wir sind jung, ohne Makel, haben Geld und machen, was wir wollen. Leider tun sie das völlig egozentrisch. Und das brachte mich am Ende auf die Palme und machte mich zum meistgehassten weißen alten Mann an Bord.
Flusshafen
Great fun
Käptn und Steuermann
Eine Handvoll Einheimischer mit kleinem Baby war gerade mit Sack & Pack zugestiegen und fand nicht ausreichend Sitzplätze, während besagte Jugendliche beharrlich ihre leeren Nachbarsitze verteidigten, auf denen seit Stunden niemand mehr saß, weil sie an Bug oder Heck rauchten und Bier tranken. Ich habe ihnen versucht zu erklären, dass die Zugestiegenen nicht verstehen, warum leere Plätze nicht zum Sitzen seien, zumal, sorry Leute, das hier deren Heimat ist, in der sie genauso ein Ticket gekauft hätten und einfach nur in ihrem simplen Alltag im Laos-ÖPNV von A nach B wollten. So ein Verhalten sei anmaßend, wir sind hier zu Gast, es reiche ja das Angebot, eine Viertelstunde Platz nehmen zu können, als Geste etc. Keine Regung, alle schüttelten den Kopf, breiteten sich nach Kräften auf den Bänken aus und daddelten auch die kommenden Stunden - als gäbe es draußen nichts zu bestaunen - weiter in ihren Smartphones.
Fähre halbvoll
Mekong, Mönche, Mopeds gleich Laos
Noch Ärmere kriegen zurück
Ich hab mich geschämt und schäme mich bis heute. Man kann die 300 km auf dem Mekong auch in der Luxusvariante buchen: Lunch und Dinner an Bord, kleine landeskundliche Anlandungen inbegriffen. Alles andere als ÖPNV. Klingt erstmal nach Reisen wie in Kolonialzeiten, dekadent und abgehoben (und sauteuer), ist aber komplett Parallelwelt und macht von daher keinem Einheimischen den Sitzplatz oder seinen Alltag streitig. Ich sags ja nur.
Text und Fotos von Andreas Döring