Das gilt an der Côte d`Azur auf jeden Fall auch für den Monat März 2015. Touristen-Grüppchen lassen sich auch bei regnerischem kühlem und windigem Wetter nicht davon abhalten, den zwei Kilometer langen berühmten Boulevard de la Croisette entlang zu schlendern. Selbst eine ganze Reihe von Bauzäunen, die mitunter die Sicht auf das Mittelmeer verstellen, können die Besucher nicht vertreiben.
Gelb leuchten die Mimosen
Schließlich eröffnet schon seit einhundert Jahren bereits immer im Februar der Nachbarort Nizza mit seiner traditionellen Blumenschlacht die Saison der Urlauber. Die Berge und Hügel rund um die Region am Mittelmeer schützen Cannes vor den Winden wie dem Mistral und sorgen schon früh im Jahr für milde Tage um die 10 Grad Celsius - wenn das aktuelle Wetter mitspielt. Die Brasserien und Cafe`s stellen Tische und Stühle vor die Tür. An den Privatstränden werden die Sonnenschirme aufgespannt. Das kräftige Gelb der seit Ende Januar blühenden Mimosen bestimmt die Farbe in den Blumenläden. Und niemand ist verwundert über die allerorts in der Stadt wachsenden grünen Palmen.
Spuren der Film-Stars
Um diese Jahreszeit schauen die internationalen Stars nur von einer Reihe von Hausfassaden auf ihr Publikum. Nähert der Besucher sich dem absoluten Zentrum der Film-Hierarchie, dem Festivalgebäude, kann er die knapp 300 Handabdrücke nebst der heiß begehrten Unterschriften der Film-Stars im Pflaster begutachten. Viele hunderte Meter lang haben sie sich auf der "Allee des Lumières" verewigt Sofia Loren, Catherine Deneuve oder Marcello Mastroianni, Liza Minelli und Meryl Streep samt der Regie-Legenden wie Francois Truffaut oder Wim Wenders. Das klotzige Palais des Festivals, 1979 als modernes Kongresszentrum mit 15 Sälen ausgebaut, hat nun selbst seine beigebraune Farbe mit allen möglichen modernen Strukturelementen und breit flächigen Werbepostern verdeckt, ein Sinnbild der prosperierenden Film- und Kongress-Industrie. Auch ohne Film-Diven und den roten Teppich ist die Show-Treppe an diesem geschäftigen Film-Bunker noch heiß begehrtes Foto-Motiv.
Kette von Luxus-Hotels
Selbst wenn das Image besonders bei windigem regnerischem Wetter etwas verblasst, gibt sich Cannes immer noch als Mekka des Wohlstands und der Eleganz. Dafür sorgen die an der Croisette aufgereihten großen Luxus-Hotels. Sie erinnern an den adligen Quartier-Macher vor mehr als 150 Jahren, den englischen Lord Brougham. Er ließ hier für die Schönen und Reichen aus England als Winterresidenz die ersten Villen bauen. Ihnen folgten die europäische Aristokratie und der Geldadel. Geblieben sind aus dieser Zeit die gewaltigen Belle-Epoque-Hotels an der Ufer-Promenade. Da stehen sie wie eine Film-Kulisse, das Carlton mit seiner schneeweißen Fassade, das Martinez und das Majestic mit ihren extravaganten Design-Suiten und konkurrieren darum, bei wem Jack Nicholson oder Nicole Kidman öfter genächtigt hat. Nicht weit von der aufgereihten Kette der Luxushotels am Boulevard entfernt, verläuft die ehemals königlich-kaiserliche Straße, die nach Antibes führt. Sie ist als Ergänzung zu den Edel-Quartieren die Shopping-Meile der Spitzenklasse, auf der kein internationaler Markenname fehlt.
Ruhezone auf grüner Insel
Nicht weit von der Croisette, nur wenige Kilometer von der malerischen Bucht von Cannes entfernt, liegen die Lerins-Inseln. Die Fähre zur größten Insel, der Sainte Marguerite, dampft in nur 15 Minuten durch Meer, um sie zu erreichen. Die drei Kilometer lange und knapp ein Kilometer breite Insel bietet zur Bade-Saison unzählige kleine Strände und Buchten. Für die meisten Sommer-Urlauber die natürliche Alternative zu den vielen Privat-Stränden der Luxus-Hotels in Cannes. Im beginnenden Frühling avanciert die ausgesprochen grüne Insel mit ihren Pinien- und Eukalyptus-Wäldchen zu einer Ruhezone im Vergleich zur quirligen Filmstadt Cannes. Natürlich fällt auch auf Marguerite das Licht eines Filmscheinwerfers. Im Kerker der Inselfestung wurde, wie die Legende erzählt, ein Mann mit einer eisernen Maske gefangen gehalten. Und die Geschichte wurde erfolgreich verfilmt.
Picasso empfängt in Antibes
Die Stadt Cannes präsentiert seinen Besuchern allerdings nicht allein die Filmkunst und seine Künstler. Der Zauber der Côte d`Azur mit seinem Licht zog unzählige Maler magisch an. Einer der Maler-Fürsten, Pablo Picasso, empfängt seine Fans in seinem Atelier in einem Chateau über dem Meer. Es liegt in Antibes, der zweitgrößten Stadt der Region, nur ein Dutzend Kilometer von Cannes entfernt und gut mit Bus und Bahn erreichbar. Antibes gilt nach Paris als wichtigster Ausstellungsort des Künstlers, versehen mit einer Einmaligkeit. Es ist das einzige Picasso-Museum, in dem Bilder und Keramikarbeiten dort zu sehen sind, wo sie entstanden.
Friedhöfe können Berühmtheit erlangen, der in Cannes schaffte es. Er wurde Mitte des 19. Jahrhunderts in Terrassen mit einer Gartenarchitektur angelegt und ist der größte innerstädtische Park von Cannes. Der Bestand alter Bäume und der Blumenschmuck ist die Kulisse eines weiteren Rückzugsortes für das oft turbulente Cannes. Das Grab von Klaus Mann ist im westlichen Teil Carré 16 zu finden.
Licht der Cote d`Azur für alle
Sobald die Regenwolken verschwinden und die Sonne etwas blinzelt, stehen sie sofort auf dem fest gewalzten Sandplatz - die Boule-Spieler. Ganz prominent sind die Boule-Plätze im Zentrum der Stadt nur einen Steinwurf vom Hotel de Ville entfernt. Da mag der Verkehr noch so brausen und sich stauen, die Spieler lassen sich nicht ablenken. Natürlich auch nicht von der traumhaften Bucht von Cannes. Die beste Sicht verspricht der Blick vom gewaltigen Kirchengebäude, der Notre-Dame de l` Espèrance, das auf einer Anhöhe liegt. Von hier schaut der Besucher auf den Hafen mit den Luxus-Jachten für die wenigen. Und er wird fasziniert vom Blau des Meeres und dem wunderbaren Licht der Côte d´Azur - das für alle leuchtet.
Text und Fotos von Ronald Keusch