Aber nur die im Ostpazifik 1.000 Kilometer von der Küste Ecuador entfernt gelegenen Galapagos-Inseln haben einen besonderen Reiz. Hier entwickelte sich in Jahrmillionen ein "Labor der Evolution", wie es der geniale Forscher Charles Darwin schon im 19. Jahrhundert beschrieben hat. Da auf geologisch isolierten Vulkaninseln nur das gelangen konnte, was mit Meeresströmungen und starkem Wind getrieben wurde, entstanden auf Galapagos abgeschlossene Tier- und Pflanzenwelten. Hier zeigt sich bis heute wie in einem Brennglas, dass alle Lebewesen einer von ihrer Umwelt beeinflussten Evolution unterworfen sind. Mehr noch: Es gibt keinen Flecken der Erde, wo so viele Pflanzen- und Tierarten auf engstem Raum existieren, mitunter nur auf einer einzigen der insgesamt mehr als zweihundert kleineren und größeren Inseln. Die Galapagos-Inseln sind schon immer ein Eldorado für den Touristen, die von den exquisiten Tierarten angezogen werden, die in den unterschiedlich alten Vulkan-Landschaften leben.
Marketing Idee der "Big 15"
Der führende Tour-Operator in der Region Metropolitan Touring, hat vor einigen Jahren den Slogan der "Big 15" ins Leben gerufen. Es ist eine Anlehnung an die Bezeichnung der "Big 5" in den südlichen Ländern Afrikas, wo bei Safaris die besonders attraktiven Foto-Motive von Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard dazu gezählt werden. "The Big 15" listet nun insgesamt 15 Tierarten auf, die auf den Galapagos-Inseln prominent vertreten sind. Mittlerweile nutzen nun auch andere Veranstalter der Tourismus-Branche das Signalwort "Big 15" für Galapagos. Und das völlig zu recht, denn die meisten von ihnen sind endemisch, sie leben also ausschließlich auf den Vulkaninseln, manche sogar nur auf einer einzigen Insel, wie der Galapagos-Albatros auf der Insel Espanola.
Riesenschildkröten vor Aussterben gerettet
Zu den "Big 15" werden natürlich die auffälligsten Landtiere der Inseln gezählt: die Reptilien. Besonders stechen die zwei Symbol-Tierarten der Galapagos-Inseln heraus: die Riesenschildkröten und die Echsen. Gewissermaßen die Hauptstadt der Schildkröten ist die zweitgrößte Insel Santa Cruz. Sie gehört unter den 13 größeren und hunderten kleinen und Kleinst-Inseln zu den vier bewohnten Inseln. Hier befindet sich am Rande der touristischen Hafenstadt Puerto Ayora die große Charles Darwin-Forschungsstation, in der Wissenschaftler aus aller Welt die Pflanzen- und Tierwelt der Vulkaninseln erforschen. Ein Schwerpunkt der Forschung und zweifellos auch die Hauptattraktion der Insel sind die Galapagos-Riesenschildkröten. Eine weitere Schildkröteninsel, ebenfalls mit einer Farm für die Tiere, befindet sich auf der östlichsten Insel von Galapagos, der Insel San Cristobal. Der im Jahr 1965 auf Santa Cruz gegründeten Station gelang es mit umfangreichen Zuchtprogrammen, das Aussterben einiger Unterarten der Riesenschildkröten abzuwenden. Ein weitläufig angelegter Tierpark mit Gehegen und großen Freiflächen macht die Touristen mit der Aufzucht von elf Arten bekannt. Eine besondere Geschichte wird über die männliche Schildkröte Diego erzählt. Als junge Schildkröte wurde sie von US-amerikanischen Forschern in den Zoo nach San Diego in Kalifornien gebracht. Als auf Galapagos in den 70er Jahren die Unterart der Insel Espanola auszusterben drohte, da nur noch zwei zeugungsunwillige Männchen und 12 Weibchen aufzufinden waren, erinnerte man sich seiner und delegierte ihn zurück auf die Inseln. Hier legte er richtig los und hat insgesamt 1.200 Nachkommen gezeugt. Angeblich ist er darauf ganz stolz, berühmt in Forscherkreisen ist er sowieso.
Ein Mausoleum für lonesome George
Ebenso berühmt ist "Lonesome George", der letzte der Unterart der Pinta-Schildkröten, der 2012 im geschätzten Alter von ca. 100 Jahren gestorben ist. Allerdings hat sich der einsame George bei der Fortpflanzung als eine totale Niete erwiesen, und so gilt die Pinta-Art heute als ausgestorben. Immerhin hat man ihm auf dem Forschungsgelände ein kleines Mausoleum gebaut, für die Touristen-Scharen, die viel über sein Schicksal in ihren Reisebüchern gelesen haben. Schildkröten unterschiedlichen Alters sind nicht nur auf dem Gelände der Forschungsstation zu sehen, sondern die Schilder der Tiere sind auch in Gärten umliegender kleiner Dörfer, in freier Wildbahn und am Rand von Straßen anzutreffen. Deshalb werden die Autofahrer auch per Verkehrsschild mit der Abbildung einer Schildkröte gewarnt.
Grüne Leguane und Meerechsen überall anwesend
Die Forschungsstation "Charles Darwin" sorgte mit Aufzucht-Programmen ebenfalls dafür, dass die Landleguane auf Santa Cruz überlebten, deren Existenz vor allem durch verwilderte Hunde bedroht wurde. Sie wurden auf Inseln ohne Hunde verlegt und konnten nach Bekämpfung verwilderter Katzen und Hunde wieder in ihre Lebensheimat zurück gebracht werden. Ein erfolgreiches Naturschutzprojekt.
Bei den "Big 15" haben die Echsen einen großen Stellenwert. Insgesamt drei Arten wurden in den erlesenen Kreis aufgenommen. Zunächst der grüne Leguan, der faktisch auf nahezu allen Inseln auftritt, dann der sandgelbe Santa-Fé Leguan, der wie es sein Name signalisiert, nur auf der kleinen Galapagos-Insel Santa Fé vorkommt und schließlich der Meeres-Leguan. Diese Meer-Echse hat sich vom Land- zum Meeresbewohner entwickelt, tritt massenhaft in Erscheinung und ist sogar in den Häfen von Galapagos unterwegs.
Seelöwen auf der Uferpromenade
Zu den wenigen Tieren der Vulkaninseln, die sich ebenfalls fast überall zu Hause fühlen, gehört der Seelöwe, der auch zu den "Big 15" gezählt wird. Dabei handelt es sich beim Galapagos-Seelöwen um eine Ohrenrobben-Art, die nur hier in der Galapagos-Welt zu finden ist. Aber dafür trifft sie der Besucher an jedem Sandstrand der Inseln und ihre Kolonien bevölkern auch die felsigen Uferabschnitte. Sie haben scheinbar die wenigste Scheu vor Menschen und sind sogar so neugierig, dass sie die von Touristen abgelegten Rucksäcke am Strand mit ihren Nasen beschnuppern und inspizieren. Gern schauen sie auch mal auf der Promenade vorbei, wie in Puerto Ayora zu erleben, und legen sich auf die aufgestellten Bänke an der Kaimauer.
Diese Furchtlosigkeit ist, so die Experten, eine Verhaltensweise, die sich nur in einer Umwelt herausbilden konnte, in der die Tiere keine Feinde hatten und keine Angstreflexe entwickeln konnten. In jedem Reiseführer dürfen die Super-Nahaufnahmen vom Antlitz der Seelöwen nicht fehlen, die natürlich bei Hobbyfotografen ohne Galapagos-Kenntnis Erstaunen und Bewunderung auslösen. Doch jeder, der einmal auf Galapagos unterwegs war, weiß: Dank des Verhaltens der Tiere kann jeder Besucher, der den Auslöser seiner Kamera findet, solche Aufnahmen massenhaft schießen.
Balztänze der Albatrosse
Ganz oben auf der Liste der "Big 15" steht für viele Touristen der Galapagos-Albatros. Die Albatros-Familie gehört mit einem Gewicht bis zu 12 Kilogramm und einer Spannweite von 3,5 Metern zu den weltweit größten Seevögeln. Ihre urzeitlichen Vorfahren sollen sogar im frühen Oligozän vor 33 Millionen Jahren noch im Bereich der Nordsee herum gesegelt sein. Es gibt derzeit knapp zwei Dutzend Arten. Aber nur eine Art ist in den Tropen auf Galapagos zu Hause und hier nur auf der Vulkaninsel Espanola zu finden. Ein ausführlicher Rundgang auf der Insel - auf schmalen mit kleinen Felssteinen begrenzten Touristenpfaden - führt an einer bunten Vielfalt an Tieren vorbei, beginnend bei Seelöwen, Massen von Darwin-Finken und Tölpel-Vögeln sowie Unmengen von bunt gefleckten Meerechsen. Der Tourist muss ständig auf den Boden schauen, die Echsen rücken auf dem schmalen Pfand keinen Millimeter zur Seite und machen nicht Platz. Dann findet der Besucher schließlich in den Herbsttagen auch eine Möglichkeit, einige der Albatros-Paare zu beobachten, die auf der Insel leben. Denn nach Schätzungen brüten hier mehr als 10.000 Paare in der Zeit von April bis Anfang Dezember. Im Unterschied zu den anderen Arten fliegen die Galapagos-Albatrosse nicht über die Weltmeere, sondern bleiben in ihrem Insel-Revier oder vor den Küsten von Ecuador und Peru. Im September und Oktober haben Besucher die Chance, ihre legendären Balztänze zu sehen.
Der flugunfähige Kormoran
Selbstverständlich ist in die Liste der "Big 15" auch der Galapagos-Kormoran aufgenommen. Sicherlich bekam er den Platz dafür, dass er sich in seiner Entwicklungsgeschichte auf den Vulkaninseln das Fliegen abgewöhnt hat. Diese besondere Spezies der Kormorane ist nur auf den Inseln Fernandina und Isabella beheimatet. Fernandina ist zugleich die westlichste, drittgrößte und jüngste der Inseln. Der letzte Ausbruch des gewaltigen Schildvulkans wurde 1988 verzeichnet. Da noch nie eine fremde Spezies die Insel bevölkert hat, zeugt sie noch von einer sehr ursprünglichen und unberührten Natur. Fernandina hat nur einen von der Nationalparkverwaltung zugelassenen Besucherstandort: die Punta Espinoza. Nach einer Wanderung über Lavafelder mit Lavakakteen und riesigen Echsenkolonie und einer Gruppe von Seelöwen gelangt der Besucher zum Brutplatz der flugunfähigen Kormorane. Als es seine Urahnen hierher auf die Inseln verschlagen hat, gab es keine vierbeinigen Feinde, denen sie nur fliegend entkommen konnten. Außerdem sorgte eine nährstoffreiche Meeresströmung an ihrer Küste für reiche Fischgründe, weite Flugstrecken waren nicht mehr nötig. Der Kormoran entwickelte sich auf den Inseln zum Super-Taucher und Super-Schwimmer. Die Evolution machte es möglich. Die unaufhaltsame Kraft der Evolution, für die Charles-Darwin viele Bespiele auf Galapagos fand, gewöhnte dem Kormoran das Fliegen ab.
Maßnahmen für das Tierwohl
Die Prominentenliste für Tierarten sortiert unter die "Big 15" noch weiterhin die Galapagos-Pelzrobbe ein, die Fregatt-Vögel, drei Arten der Tölpel-Vögel, den recht selten zu beobachtenden Galapagos-Bussard, eine kleine Population an Kuba-Flamingos, sowie den Galapagos-Pinguin, die einzige Pinguinart, die nördlich des Äquators vorkommt. Wer komplett die "Big 15" erleben will, muss sich schon für die Schiffstour auf der Ost- und der Westroute entscheiden. Im Unterschied zu den "Big 5" muss kein Tier auf der Ehrenliste der "Big 15" fürchten, dass die Foto-Safari sich in eine Jagd-Safari verwandelt mit Großwildjägern, die sich Trophäen schießen wollen. Viele Maßnahmen sind direkt auf das Tierwohl ausgerichtet. So sind auf Galapagos manche Inseln total gesperrt, andere dürfen nur von Forschern betreten werden und schließlich sind die Pfade für Touristen eng begrenzt und die Anzahl der Besucher reglementiert. Außerdem sind seit Jahren Vorschriften erlassen, die exakt die Schiffsrouten festlegen mit einem zentralen Anlaufpunkt in der Hafenstadt Santa Cruz.
Weltanschauung contra Wirklichkeit
Auch manche Tatarenmeldungen von "Mainstream"-Journalisten über Galapagos sind mit Vorsicht zu genießen. So treffen Berichte von ständig überlaufenen Hotspots z. B. auf Santa Cruz die Schlucht Las Grietas, wo Touristen in einer mit Wasser gefüllten schmalen Vulkanfelsspalte baden oder den Strand von Tortuga Bay, überhaupt nicht zu, weder in der Trockenzeit und erst recht nicht ganzjährig.
Auch andere Strände und Badestellen sind oft nur mäßig belegt, die Hafenstadt normal belebt und manche Hotels haben sogar in einigen Monaten kaum Hotelgäste. Die Weltanschauung, die den Massentourismus geißelt und am liebsten selbst einen sanften rücksichtsvollen Tourismus verbieten will, trifft hier wieder einmal zumindest übers Jahr gerechnet auf die ganz anders aussehende Wirklichkeit.
Zauber der Zutraulichkeit
Und falls jemand beunruhigt sein sollte, dass die Seelöwen in ihrem Vormittags- und Nachmittagsschlaf gestört werden: Seelöwen haben entweder einen festen Schlaf und rühren keine Flosse, oder sie lieben die Abwechslung und robben neugierig näher, um die Besucher zu beäugen. Bei allen Unterschieden der Tierarten der "Big 15" haben sie eines gemeinsam: Ihre große Zutraulichkeit - das macht für viele Besucher den wirklichen Zauber der Galapagos-Inseln aus.
Text und Fotos von Ronald Keusch