Das "Angkor Wat" des Kalks

Rüdersdorf liegt östlich von Berlin im Landkreis Märkisch Oderland.
Foto von Bernd Elmenthaler / ESDES.Pictures
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Nur knapp 30 Kilometer vom Alexanderplatz in Berlin entfernt, hatte der Ort eine große Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung Berlins zu einer der führenden Metropolen Europas. Denn in Rüdersdorf tritt eines der größten Kalksteinvorkommen Mitteleuropas an die Oberfläche. Die mächtigen Kalkablagerungen rund um Rüdersdorf sind Rückstände eines Meeres aus der Trias-Erdzeitphase. Dieses Ur-Meer bedeckte die Region vor 240 Millionen Jahren und seine Überreste fanden seit ihrer Besiedlung als Baustoffe Verwendung.

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Schon seit über 750 Jahren wird in Rüdersdorf Kalkstein abgebaut und der Tagebau wird noch mindestens bis zum Jahr 2062 weitergehen. Bei vielen Berliner Gebäuden wie auch dem Brandenburger Tor wurde Kalkstein aus Rüdersdorf verbaut.

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Rüdersdorf hatte lange Zeit keinen guten Ruf. Es galt als "Drecksnest" voller Rauch, Qualm und Staub. Hier wurde seit Bestehen der Kalkproduktion unter teilweise unbeschreiblichen Zuständen und ohne Rücksicht auf Menschen oder Umwelt Kalkstein im Tagebau gebrochen, als Baustein abtransportiert oder in extrem stark qualmenden Öfen gebrannt, um aus der durch Hitzeeinwirkung chemisch umgewandelten Masse zunächst Branntkalk und später Zement zu gewinnen. Mit der einsetzenden Industrialisierung wurde der Branntkalk anfangs in sogenannten Rumford-Öfen hergestellt, die nach ihrem englischen Konstrukteur Earl Benjamin of Rumford benannt sind.

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Doch die Rumford-Technik reichte bald nicht mehr aus, um den Bedarf zu decken. Im Jahre 1871 wurde die sogenannte Schachtofenbatterie in Betrieb genommen. Sie vervielfachte rasch die Produktion und die Erträge. Von da an bestimmten 18 dunkel qualmende Schlote den Rüdersdorfer Alltag. Unterhalb der Schlote befanden sich heiße Öfen, die immerzu mit Kohlen befeuert werden mussten. Der Ausstoß aus den Schloten, die keine Filter besaßen, betrug täglich bis zu über einhundert Tonnen. Der mit der Luft transportierte Staub und Feinstaub setzte sich in der Umgebung ab und beeinträchtigte die Gesundheit der Bewohner. Vor allem in der Nacht rieselte Zementstaub auf Menschen, Pflanzen, das Erdreich und die Bauten in Rüdersdorf und Umgebung. So ging es bis tief in 1960er Jahre.

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Nach der Wiedervereinigung wurde aus den alten Industrieanlagen ein sehenswertes Freilichtmuseum, das in dieser Form weltweit einmalig ist. In dem 17 Hektar großen Areal können heute alle Themen rund um die vom Kalkstein geprägte Geschichte der Region erlebt werden. Die Authentizität des Ortes erzählt Geschichte und Geschichten rund um die Entstehung, den Abbau und die Verarbeitung von Kalkstein. Und das alles in einer architektonisch beeindruckenden Umgebung. Denn vieles ist erhalten geblieben, auch aus der Gründerzeit.

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Im vorderen Bereich des Museumsparks sind zwei erhalten gebliebene Rumford-Öfen zu erkunden. Im hinteren Bereich des Parks steht die architektonische Sensation des Parks: die "Kathedrale des Kalks", das "Angkor Wat" Brandenburgs, die Schachtofenbatterie mit ihren zahlreichen, markanten Schornsteinen.

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Für jeden Freund der Fotografie ist das Gebäude von innen und außen ein absolutes Muss. Dieses beindruckende Ensemble, das an "Angkor Wat" erinnert, wird deshalb immer wieder als beliebte Filmkulisse genutzt. In den Anfangszeiten des Films wurden mehrere zum Teil sehr populäre Stummfilme wie "Der Tiger von Eschnapur" gedreht. Später filmte sogar Superstar George Clooney im Museumspark.

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Der Museumspark Rüdersdorf bei Berlin ist ganzjährig geöffnet und auch mit der Tram 88 ab Berlin-Friedrichshagen gut zu erreichen.

Text und Fotos von Bernd Elmenthaler, ESDES.Pictures

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