Ein 200 km langes Wegenetz mit den Schwierigkeitsgraden der Stufe blau/leicht bis schwarz/schwierig wartet auf achtsame, naturverliebte Wanderer. Gleich, ob auf der Suche nach einem Kinderwanderweg oder einem schwindelerregenden Klettersteig, für jede Konstitution und Bewegungsfreudigkeit gibt es österreichisch-verlässliche Tourentipps. Wie ambitioniert man die Reise ins eigene Innere verfolgt, ob man schon mit ein paar Glücksfünkchen zufrieden ist oder ein wenig mehr Feuer haben möchte, hängt von jedem selbst ab.
Genussmenschen, deren Zugang zur inneren Seligkeit über den Magen geht, werden sich in jedem Fall über die Bio Bergspezialitäten freuen, denn viele der Hütten locken mit "Schmankerln", mit Gerichten, die alle kennen. Aber hier oben, in der Höhe von 1.600 bis 1.800 Metern, werden sie mit einer Kunstfertigkeit "gezaubert", als würden Haubenköchen am Küchenherd stehen.
Die Genussreise per Pedes geht von der Unterhofalm, die die besten in Butter gebratenen Pofesen mit Zwetschgenmarmelade und die besten Kaspressknödel hat, über die Oberhofalm, hmmm, das Hirschragout, ein Gedicht, hinüber zur Wallehenhütte, wo einem das knusprige Almenbrot mit Bauernbutter auf der Zunge zergeht. In der Bürglhütte dampft schon eine Frittatenrindsuppe gegen die Erschöpfung selig vor sich hin. Danach geht es wieder hinunter zur Schnitzbergalm, in der hauchdünne Pfannkuchen, gefüllt mit rund ums Haus wachsenden Preiselbeeren, einem die überstandenen Anstrengungen glücklich vergessen lassen. Ein Hochgenuss ganz besonderer Art ist die noch kuhwarme Frischmilch, die einem auf kürzesten Weg von den zufriedenen grasenden Motafoner Kühen mit ihren flauschigen Ohren und den stoisch treu blickenden Augen "ins Haus" geliefert wird.
Ihr konzertantes Gebimmel aus unterschiedlichen Glockentönen sorgt für eine tiefe Zufriedenheit. Ganz entspannt lächelt man über die Tatsache, dass man vor Minuten noch in eine feuchte, satte Kuhflade getreten war, deren Geruch hartnäckig von der Schuhsohle bis in die Nase zieht. Was soll’s? Trinken wir lieber einen spritzigen Hausmost, er passt gut zu diesem "Naturereignis". Hausmost ist ein Apfel/Birnengebräu mit mäßigem Alkoholgehalt. Allerdings ist aus zwei Gründen Vorsicht beim Genuss geboten. Bereits nach einem halben Liter verringert sich deutlich die eigene Schrittsicherheit. Zweitens kann das Zusammenspiel von Most und Milch ungewollte Prozesse im Darmtrakt hervorrufen. Ob sich dann im Fall der Fälle ein klarer Obstler, eine Birne, Marille oder eine Zwetschge aus medizinischen Gründen eignet, sollte man ganz individuell entscheiden. In jeden Fall ist die Gesamtheit der "gebirglerischen Herausforderungen" wunderbar geeignet, sich Schritt für Schritt näher kennenzulernen. Das gilt auch für Personen, die glauben, sich schon lange zu kennen.
Interessanterweise gibt es laut Tourismusverband eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Kraftplätzen in und rund um Filzmoos. Geomantische Untersuchungen haben bestätigt, dass diese seltsamen Kraftgeber nicht nur einer blühenden Fantasie entsprungen sind. Einheimische wussten das schon immer. Und spürten es ganz natürlich. Trotzdem ranken sich Sagen und Erzählungen wie die von der "Schwarzen Lacke" oder vom "Jungbrunnen an der Bischofsmütze" um dieses Phänomen. An diesen Kraftplätzen oder - um es mit österreichischem Akzent milder zu formulieren: "Fleckerl zum Still werden" - soll laut Prospekt die Seele zur Ruhe kommen, Herz und Geist in Resonanz zur Natur treten. Dass dies einem Städter nicht mit Fingerschnippen am ersten Urlaubstag gelingt, bedarf keiner Erklärung. Speziell ausgebildete "Kraftplatzbegleiter" unterstützen deshalb jene Touristen, die beim Innehalten, dem Nachspüren und "Langsamer treten" ihre Mühe haben. Als hilfreich erwiesen sich dabei kleine Meditationen, die in das Tagesprogramm eingebaut wurden.
Warum krank sein, wenn es Kräuter gibt resümiert Elisabeth Ebner im Brustton der Überzeugung. Ihre Kräuterkenntnisse verdankt die Bäuerin ihren Ahnen. Die Achtzig hat sie lange überschritten. Doch bis heute ist ihr Altersmüdigkeit fremd. "Wenn sie wissen wollen, was die Natur zu geben hat", lacht sie fröhlich, "zeige ich ihnen gerne meinen Garten, oder ah…, besser wir gehen um’s Haus, dabei kann ich ihnen mindestens fünfzig verschiedene Kräuter zeigen, die allein auf meiner Wiese wachsen. Meine Mutter sagte immer: Was die Leute im Haus brauchen, wächst vor dem Haus".
Das es heute einen Arzt im Ort gibt, war für die alten Filzmooser keine Selbstverständlichkeit. Noch in den fünfziger Jahren marschierte Dr. März von Radstadt ganze drei Stunden über den 1.770 Meter hohen Roßbrand bis in ihr Dorf. In besseren Zeiten gab es einmal täglich den Postbus. Und die Dorfschule bekam einen zweiten Lehrer, der dann nur vier Klassen gleichzeitig unterrichten musste. Zugang zur Bildung hatten nur die, die sich eine Unterkunft für ihr Kind in Radstadt leisten konnten. Wenn es einen Notfall gab, läutete die Hausglocke Sturm. Heute hängen diese freundlichen Signalgeber ungenutzt in ihren geschnitzten Holztürmchen auf dem Dach, und sind nur noch Zierde!
"Ja, ja", nickt Frau Ebner, und schaut ernst drein: "Ihr nennt das heute Resilienz, so haben mir das neulich Gäste erklärt. Ich sage Ihnen, wenn der Mensch wieder die Natur sucht, ist er schon im Umdenken. Und kommt damit seinem Glück näher. Sie werden es nicht glauben, aber hier bei uns", und Elisabeth Ebner zeigt auf die Bergkette mit der Bischofsmütze, "da kommen die Menschen zu einer echten Zufriedenheit."