Seelenbaden im Hochgebirge

Filzmoos, das klingt weich, das klingt angenehm … Da möchte man sich einfach ins Grüne legen und die herrliche Natur genießen …
Foto von Bernd Siegmund
Foto von Bernd Siegmund

Stolz und selbstbewusst steht die Große Bischofsmütze im Zentrum des Gosaukamms. Sie ist mit 2.458 Metern der höchste Gipfel im Dachsteinmassiv. Das Wahrzeichen des kleinen Dorfes Filzmoos reckt sich furchtlos dem Himmel entgegen. Eine gute Kraft geht vom Berg aus, sagen die Einwohner. Sein Aussehen trug ihm den Namen Bischofsmütze ein.

Zacken aus der Krone

Ungeheuerlich! Selbst vor einer christlichen Mütze schrecken Naturgewalten nicht zurück, wenn sie glauben, mal wieder zeigen zu müssen, wer im Gebirge das Sagen hat. Am 22. September 1993 brach um 15.45 Uhr dem Bischofshut ein 200 m hoher Zacken aus der Krone. Am Sonntag, dem 10. Oktober 1993, bebte die Erde erneut, und rund 50.000 m³ Gestein stürzten ins Tal. Natürlich jagten diese jähen Attacken den Bewohnern von Filzmoos einen gehörigen Schrecken ein. Auch, weil das Aussehen des Berges gelitten hatte. "Nun ist zu befürchten", sagte traurig die Bäuerin Elisabeth Ebner, "dass eines schönen Tages der Bischof seine Mitra ganz wird abnehmen müssen." Bis dahin aber dient die Bischofsmütze dem Dorf nicht nur als Wahrzeichen, man kann sie auch besteigen. Die Ramsauer Bergführer Auhäusler und Steiner waren 1879 die ersten, die das Abenteuer wagten … und bestanden. 15 Routen führen heute hoch zum Gipfelkreuz. Ausgangspunkt ist die Hofpürglhütte auf 1.705 m Höhe. Von Filzmoos aus ist sie über den Jagasteig in etwa 2,5 Stunden zu erreichen. Den Aufstieg sollten allerdings nur erfahrene Kletterer wagen.

Für alle anderen hält Filzmoos ein gut ausgebautes, rund 200 km langes Wanderwegenetz vor, das allen körperlichen Individualitäten gerecht wird. "Das ist ja das Schöne bei uns", sagt Eva Salchegger, ehemalige Direktorin der örtlichen Tourismuszentrale, "hier kommen alle auf ihre Kosten. Die Familien, die Kinder, die ungeübten wie die geübten Wanderer, die Rad- und Skifahrer, die Snowboarder und die routinierten alpinen Kletterer. Für jede Situation gibt es sommers wie winters österreichisch-verlässliche Tourentipps."

"In dem Viltmoos"

Unter dem Namen "In dem Viltmoos" taucht unser Dorf ein erstes Mal 1333 im großen Geschichtsbuch Österreichs auf. Nachweislich wurde in der Gegend schon im 11. Jahrhundert Bergbau betrieben. An mehreren Stellen, vor allem am Rötelstein, am Mandlingzug und in Arzberg wurden Silber, Kupfer und Eisen gewonnen, Arsen, Blei und Zink ans Tageslicht geholt. Haus- und Geländenamen erinnern noch heute daran. Filzmoos (1.511 Einwohner) ist ein schönes Dorf, eine breit gestreute Siedlung mit sehr viel Natur zwischen Häusern und Gehöften. Das Dorf lebt vom Tourismus. Hotels und Gastronomie sind der größte Arbeitgeber am Ort. Filzmoos hat alles, was die Seele eines Großstadtmenschen zum Klingen bringt. Man erholt sich an Körper und Gemüt, sobald man durch die alten, verwinkelten Gassen spaziert.

Zu den Dorf-Schönheiten gehört die "Warme Mandling", die mit ordentlichem Rauschen durch den Ort fließt. Das Wasser hat bereits an seiner Quelle auf 1.700 m eine Temperatur von 10 Grad. Das gefällt vor allem der Regenbogenforelle, der Bachforelle, dem Bachsaibling und den vielen Touristen, die sich den Edelfisch gern mittags und/oder abends servieren und schmecken lassen. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist das kleine, geschnitzte Jesuskind im Strahlenkranz, das in der römisch-katholischen Pfarrkirche zu Filzmoos (1820) steht. Hirten fanden die kleine Figur vor dem Gotteshaus, und brachten sie in die Dekanatskirche nach Altenmark. Über Nacht ist sie wieder zurückgekehrt. Seither gehört sie zu Filzmoos. Und Menschen aus Nah und Fern pilgern jährlich zur Kirche, um dem Jesuskind zu danken. Ihm werden die Heilung von Kranken und die Errettung aus Nöten zugeschrieben.

Kraftplätze für die Seele

Das Zauberwort heißt Geomantik! Darunter versteht man die Kunst, Orte in Raum und Landschaft zu entdecken, die mit den Lebenskräften der Natur im Einklang sind. Aha! Der Ursprung dieser Kunst (einige sagen sogar Wissenschaft) liegt im alten China. In Filzmoos gibt es eine starke österreichische Mutante. Sie ist äußerst ansteckend. Und zwar positiv! Um es mundartlich auszudrücken: Kraftplätze sind "Fleckerl zum still werden". 16 solcher "Tankstellen" gibt es in und um Filzmoos. So den "Magischen Sesselkreis", die "Schwarze Lacke", den "Almsee", "Die Bischofsmütze", die "Wallfahrtskirche" … Sie alle verbreiten Ruhe, berühren die Seele, erfrischen Herz und Geist. Da diese Energiequellen sehr empfindsam sind, wirkt ihre Kraft nur bei denen, die an sie glauben. Den "Ungläubigen" wird sich das Geheimnis nie offenbaren. Doch auch sie werden nicht allein gelassen. Speziell ausgebildete "Kraftplatzbegleiter" helfen den Urlaubern dabei, die Tretmühle aus Arbeit, Haushalt und Pflichterfüllung zu verlassen, sich selbst zu finden.

Wie die Zeit vergeht …

Wir sitzen mit Elisabeth Ebner vor ihrem prächtigen alten Haus, das heute ein Hotel ist. Die Bäuerin hat die Achtzig lange überschritten. Aber noch immer blickt sie voller Neugier in die Welt, steht mit beiden Beinen im Heute. "Es hat sich viel verändert in unserem Leben", erzählt sie. "Dass es einen Arzt im Ort gibt, war für die alten Filzmooser keine Selbstverständlichkeit. Noch in den Fünfzigerjahren marschierte Dr. März von Radstadt aus ganze drei Stunden über den 1.770 Meter hohen Roßbrand bis nach Filzmoos, um seine Kranken zu versorgen. Wenn es einen Notfall gab, läutete die Hausglocke Sturm. Heute hängen die freundlichen Signalgeber ungenutzt in ihren geschnitzten Holztürmchen. Hier bei uns", sagt Elisabeth Ebner, und sie zeigt auf die Bergkette mit der Bischofsmütze, "leben die Menschen in echter Zufriedenheit."

Text und Fotos von Bernd Siegmund

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