Reisen hat mich immer fasziniert

Interview mit Alexios Passalidis, Chef und Eigentümer der Reiseagentur Elbrus-Erlebnisreisen.
Foto von Alexios Passalidis
Foto von Alexios Passalidis

CHEXX.Reisen Wenn man ein Gespräch mit dem Weltreisenden zwischen Europa und Zentralasien Alexios Passalidis beginnt, stellt sich die erste Frage schon von selbst. Da wir uns bei einer zweiwöchigen Informationsreise in Zentralasien im Mai dieses Jahres kennengelernt haben - über die auch noch kurz zu sprechen sein wird, sind wir beim Du. Von welchen Berggipfeln kommst Du gerade?

Alexios Passalidis Der letzte Berggipfel, zu dem ich mit einer kleinen Gruppe im August dieses Jahres reiste, war der Pik Lenin. Er befindet sich im Pamir-Gebirge in Kirgisien und hat eine Höhe von über 7.137 Metern. Wir sind bei der Akklimatisierung bis 6.100 Meter aufgestiegen und haben dort übernachtet. Nach der Erholung im Basislager haben wir einen Gipfelversuch gemacht. Leider hatten wir keinen Gipfelerfolg, das Wetter war zu schlecht. Aber alle sind gesund zurückgekommen. Das ist das Wichtigste bei einer Besteigung. Meine letzte Reise führte mich allerdings gerade nach Slowenien nach Nova Gorica direkt an der italienischen Grenze in den südlichen Alpen. Da war ich mit der Berliner Flugschule FlyMagicM zum Gleitschirmfliegen. Vor zwei Jahren habe ich die Ausbildung zum Gleitschirm-Pilot angefangen und nach der Prüfung den Flugschein bekommen. Fliegen war immer mein Traum. Und ich möchte in diese Branche einsteigen, Erfahrungen sammeln und künftig in meiner Reiseagentur diesen wunderbaren Sport neben Bergsport, Alpinski und den Skitouren anbieten.

CHEXX.Reisen Sprechen wir zuerst über Deine Reiseagentur. Wie ich weiß, Dein Lebens-Mittelpunkt ist das Bergsteigen. Wie kam es dazu?

Alexios Passalidis Ich bin seit meiner Kindheit schon auf die Berge gestiegen. Zu meinen frühesten Kindheits-Erinnerungen zählt der Besuch eines Gletschers im Kaukasus mit meinem Vater. Ich bin im Kaukasus aufgewachsen und habe nach meinem Germanistikstudium als Bergführer, Dolmetscher und als Skilehrer bei Intourist gearbeitet - das war die damalige staatliche Reiseagentur für den Auslandsfremdenverkehr. Später betreute ich im internationalen Alpinisten-Lager Elbrus als aktiver Bergsteiger Deutsch- und Englischsprachige Gruppen bei den Besteigungen der Gipfel im Kaukasus, vor allem des Elbrus.

CHEXX.Reisen Damit ist schon die Frage nach dem Namen Deiner Agentur beantwortet?

Alexios Passalidis Ja, dieser legendäre Haupt-Berg des Kaukasus und mit 5.642.Metern der höchste Berg Europas war erste Wahl für den Namen meiner Agentur. Er ist schließlich einer von den sieben Summits - das sind die sieben höchsten Berge aller Kontinente - und ist seit jeher ein faszinierendes Ziel für die Bergsteiger aus der ganzen Welt. Der Aufstieg zum Elbrus wurde meist von der Südseite vollzogen, wo schon eine Infrastruktur zum Bergsteigen vorhanden war wie Straßen, Hotels, Seilbahnen und Schutzhütten in der Höhe. Das gab es schon seit Jahrzehnten. Die Nordseite dagegen war fast unberührt und ich zählte bereits in den 80er Jahren zu den ersten, die diese Route wählten. Zelte und Lebensmittel mussten dann bis zum Gipfel selbst getragen werden. Meine Agentur war dann später eine der ersten, die dieses Angebot als neues Produkt auf dem Touristik-Markt etablierten.

CHEXX.Reisen Wie muss man sich eine von Dir organisierte Erlebnisreise in ferne Welten vorstellen? Hast Du Mitarbeiter in der Agentur für die Logistik und Vorbereitung?

Alexios Passalidis Die ersten Jahre habe ich alles selbst gemacht, angefangen bei der Buchführung bis zur eigenen Website. Da haben mir die Lektionen auf der Touristikschule sehr geholfen. Im Sommer 2002 organisierte ich dann insgesamt sieben Reisegruppen mit je zehn Teilnehmern und alle 70 waren mit mir auf dem Gipfel des Elbrus. Allen Teilnehmern hat die Reise gut gefallen. Sie wollten weitere Touren mit mir machen und warteten auf neue Reisevorschläge. Mein nächster Gedanke waren die 7.000er Berge in Kirgisien, im Pamir, Tian-Shan und die Berge im Altai-Gebirge mitten in Sibirien. Ich hatte aus meiner Zeit in den Alpinisten-Lagern noch gute Kontakte nach Kirgisien. Der Pik Lenin in Kirgisien kam dann auch gleich in das aktuelle Programm für 2003 und diese Gruppenreise war dann in ganz kurzer Zeit ausgebucht, überwiegend von früheren Elbrus-Teilnehmern.


Elbrus-Erlebnisreisen

CHEXX.Reisen Kannst Du einige der Reise-Ziele nennen?

Alexios Passalidis Der Aufruf meiner Kunden ist das eine. Aber auch ich selbst wollte Neues kennenlernen. Da suchte und fand ich viele Reiseziele. Zunächst kam auf die Reiseliste der Berg Pik Khan Tengri im Tian Shan Gebirge (deutsch auch Tienschan), auch auf Grund seiner charakteristischen Form das "Matterhorn des Asiens" genannt. Der nächste Programmpunkt war dann zum Baikalsee. Das sind alles Programme für Trekker, Bergsteiger, Ski Touren, also alles Programme, die mit der Natur verbunden sind. Ein weiteres Ziel kam im Kaukasus hinzu, mit dem Kasbek, auch über die unberührte und selten besuchte Nordseite mit heißen Mineralwasserquellen am Fuß des Berges. Mein Traum war die Halbinsel Kamtschatka mit ihrer unvergleichlichen Berglandschaft - rauchenden Vulkanen, davon 26 aktiven, Geysiren, Heißwasserquellen, Flüssen voller Lachse, und einer reichen Pflanzen- und Tierwelt. Der Vulkan Kljutschewskaja Sopka ist mit 4.754 Metern der höchste Vulkan auf der Halbinsel und der höchste aktive Stratovulkan der Erde. Ein weiteres Ziel war der Berg Damavand, ein klassischer Skitouren Berg in der Nähe von Teheran im Iran mit 5.610 Metern Höhe und einer anschließenden Kulturreise durch die Weltkulturerbe-Städte Shiraz, Persepolis, Yazd, Isfahan. Wir sind auf den Berg mit Ski mit spezieller Bindung aufgestiegen und dann über 2.000 Höhenmeter bis zum Fuß abgefahren. Das Besondere an dieser Tour war die Kombination von Bergsteigen und Kultur. Weiterhin in Programm war von 2005 bis 2010 das berühmte Fan-Gebirge im Grenzgebiet von Usbekistan und Tadshikistan, in Westeuropa nicht so bekannt. Und da bot sich eine ergänzende Kulturreise durch Usbekistan an, wo man auch Leute, Kultur und Geschichte kennenlernen konnte. Schließlich ist auch der Ararat in der Türkei im Programm, 5.137 Meter hoch, im kurdischen Gebiet an der armenischen Grenze.


Alexios Passalidis

CHEXX.Reisen Wie organisierst Du die Reisen?

Alexios Passalidis Die Arbeit mit meiner Website habe ich an Werbeagenturen vergeben. Und seit 2014 habe ich eine sehr engagierte und begeisterte Mitarbeiterin Iris Enzian. Sie ist eine bekannte Marathon-Läuferin und ist außerdem Teilnehmerin an dem Super Marathon Lauf über 100 Kilometer. Sie erledigt nicht nur die umfangreiche logistische Büroarbeit, sondern hat auch an einigen der Fernreisen teilgenommen.

CHEXX.Reisen Du hast zusammen mit zwei Dutzend vorwiegend deutschen Reiseveranstaltern und einigen Journalisten im Mai dieses Jahres Usbekistan und Tadshikistan besucht. Hast Du neue Ziele für Deine Agentur gesucht und gefunden?

Alexios Passalidis Ja, diese Reise war für mich sehr wichtig. Während der Coronamaßnahmen von 2020 und 2021 hatte ich zwei Jahre keine Einnahmen. Als ich dann für 2022 viele Buchungen erhielt, begann der unmittelbare militärische Konflikt in der Ukraine. Da musste fast alles abgesagt werden, es gab zunächst keine Flüge und alle Reisen nach Russland wurden storniert. Ich brauchte dringend Ersatzziele. Bei der Reise konnte ich beim Besuch der Touristik-Messe in Taschkent besonders alte Kontakte wieder beleben und neue knüpfen. Das betrifft das Fan-Gebirge und Besuchsreisen nach Buchara und Samarkand.


Elbrus-Erlebnisreisen

CHEXX.Reisen Wer ist die Zielgruppe von Elbrus-Erlebnisreisen?

Alexios Passalidis Für den Elbrus braucht man kein Alpinist zu sein, er ist für alle Menschen mit guter Kondition machbar: Wir gehen mit Steigeisen, gehen am Seil, benötigen einen Eispickel. Aber das alles sind ziemlich einfache Sachen und wir erlernen das bei der Akklimatisierung. Nur einige Programme verlangen ausgesprochene Bergsteiger-Qualitäten. Wichtig ist allerdings schon, dass man als Teilnehmer am Gletscher über steiles Eis mit Steigeisen gehen kann.

CHEXX.Reisen Es gibt im Internet sehr viel positives Echo von Teilnehmern Deiner Reisen. Was ist ihnen bei Deinen Touren besonders wichtig?

Alexios Passalidis Zunächst gibt es in meinen Programmen Gebiete und Ziele, die von anderen Agenturen nicht angeboten werden, beispielsweise die Besteigung des Elbrus und Kasbek von der Nordseite. Daneben schätzen die Teilnehmer meiner Reisegruppen die unmittelbare Nähe zur Natur, das heißt wenig oder keine Hotels, oft nur kleine Schutzhütten oder das Zelt für die Übernachtung. Großen Zuspruch finden auch die Möglichkeiten, das Leben der einfachen Leute sehr direkt kennen zu lernen. Lokale Bergführer und Fremdenführer führen durch die Siedlungen und kleinen Ortschaften, wo die Gäste die ungeheure Gastfreundschaft und die Traditionen erleben. Für viele Gäste aus Deutschland ist das überraschend und unerwartet. Aber Gastfreundschaft ist einfach das normale Verhalten in allen Regionen, wohin ich reise, ob nun Armenien, Georgien oder auch das große Russland.


Im Altai am Belucha

CHEXX.Reisen Wir leben in schwierigen Zeiten für den Tourismus. Der militärische Konflikt in der Ukraine zwischen Russland und den USA und NATO-Staaten bedroht zunehmend das Reisegeschehen in bestimmten Regionen. Eine Reihe von Zielen Deiner Reiseagentur wie der Kaukasus, Altai, Baikal, Kamtschatka liegen in Russland. Wie ist gegenwärtig die Einreise-Praxis geregelt? Können voraussichtlich auch diese Reisen im Jahr 2023 stattfinden? Wie ist Dein Plan?

Alexios Passalidis Ich habe neue Schwerpunkte festgelegt. Die Reiseziele liegen jetzt in Armenien, Georgien, Kirgistan, Usbekistan und Tadshikistan. Es gibt aber auch immer noch Anfragen für Reisen zum Elbrus, auch für Trekking im Winter über das Eis des Baikalsees und Trekking auf Kamtschatka.

CHEXX.Reisen Aber sind den Planungen für Reisen von Deutschland nach Russland realistisch?

Alexios Passalidis Reisen nach Russland sind derzeit noch möglich. Das Konsulat stellt Visa aus, es dauert nicht wie bisher fünf Tage, sondern kann auch mal zehn Tage dauern, da dort weniger Personal ist. Man redet sogar wieder über die Einführung des elektronischen Visums. Auch die Flüge sind möglich, aber umständlicher. Von jedem deutschen Flughafen kann man nach Istanbul fliegen und von dort direkt in den Kaukasus oder nach Moskau und dann weiter nach Kamtschatka, Irkutsk und Barnaul im Altai. Eine andere Variante ist per Bus nach Kaliningrad und von dort den Flug über Moskau in die Regionen zu nehmen. Ich habe ein originäres neues Sibirien-Programm für den Winter aufgelegt: Eine Woche Trekking auf dem Eis vom Baikalsee und dann weiter bis Ulan-Ude, der Hauptstadt der Republik Burjatien. Die Burjaten sind ein mit den Mongolen verwandtes Volk. Hier ist der Buddhismus noch stark verwurzelt und es gibt buddhistische Klöster (Dastan) und tibetische Medizin. Alles sehr spannend.


Winter am Baikalsee

CHEXX.Reisen Die Menschen, die viel von der Welt gesehen haben, sprechen ausdrücklich davon, dass das Reisen einen wichtigen Beitrag zur Verständigung der Völker leisten kann. Das ist gerade in heutigen Kriegs-Zeiten überlebenswichtig. Dein Leben ist Reisen. Welche Erfahrungen hast Du bei Deinen vielen Erlebnisreisen über mehrere Jahrzehnte gemacht?

Alexios Passalidis Es ist so unendlich wichtig, die Menschen in den Regionen der Welt kennenzulernen und zu erfahren, dass sie gleiche oder ähnliche Vorlieben, Wünsche, Hoffnungen und Ziele haben. Wer diese freundlichen Menschen erlebt, wird nicht auf die Idee kommen, mit ihnen Krieg zu führen. Das ist in jedem Land so. Wenn man die Menschen wirklich kennenlernt, kann man alle Fragen im Gespräch lösen. Es muss keine Gewalt geben. Man kann alles klären, wenn man einander kennt und auch gegenseitige die Gebräuche und Sitten achtet. Dann kann jede Frage geklärt werden. Das ist auch eine Maxime, ein Ziel meiner Reiseagentur. Ich reise selbst gern und bei allen Reisen interessiert mich die Natur, die Leute, Land, Geschichte und Kultur. Wenn man das alles kennt, beginnt man auch, es zu lieben. Dieses Lebens Credo von mir versuche ich auch anderen Menschen zu vermitteln. Ich habe es oft erlebt, dass Leute, die zum ersten Mal in Russland waren, zu mir sagten: Ich hatte keine Vorstellung von den russischen Menschen. Und jetzt habe ich sie kennengelernt und werde wiederkommen, um mehr über ihre Kultur und Geschichte zu erfahren. Wenn viele Menschen andere Länder und ihre Bewohner kennenlernen, werden Kriege nicht mehr möglich sein.

Mit Alexios Passalidis sprach Ronald Keusch. Fotos von Alexios Passalidis

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