Das Steinzeit-Monument

Der prähistorische Steinkreis Stonehenge im Süden Englands ist ein beständiger Besuchermagnet.
Foto von Ronald Keusch
Foto von Ronald Keusch

Wer sich auf den Weg zu dem Steinzeitmonument im Süden von England macht, dem kommt unweigerlich Mystik und Magie in den Sinn. Da tauchen dann vielleicht auch die berühmten Anfangsszenen des Films von Stanley Kubrik "Odyssee im Weltraum" wieder auf. Untermalt von der Musik von Richard Strauss "Also sprach Zarathustra" tanzt eine Gruppe von Vormenschen in der Savanne ängstlich um einen Monolithen, kraftvolle Bläserfanfaren von der Wiege der Menschheit - unheimlich.

Eine Million besuchen die Kultstätte

Es fällt dem Besucher sichtlich schwer, sich beim Annähern an die heilige prähistorische Kultstätte noch ein wenig von einer magischen Vorstellung zu bewahren. Denn heute im August 2016 erwartet ihn hier eine vor drei Jahren neu errichtete moderne Besucheranlage, die die jährlich wachsende Masse an Tourismus aufnimmt (pro Jahr knapp eine Million Besucher). Ebenfalls lange vorbei sind die Zeiten, als die neugierigen Besucher auf zwei stark befahrenen Straßen parkten, eine von ihnen wurde vor Jahren schon verlegt. Die Weiten der hügeligen Graslandschaften beherbergen ein unendlich großes Parkplatz-Gelände. Lange Schlangen an den Kassen säumen den Zugangsweg zum knapp drei Kilometer entfernt liegenden Monument, der zu Fuß oder im kostenlosen Shuttlebus zurück zu legen ist. Das englische Veranstalter-Konsortium hat alles im Griff. Der Verein Englisch Heritage wirbt mit kostenlosem Eintritt an historischen Orten um eine Mitgliedschaft - kein Angebot für die vielen England-Touristen. Die lösen die Tickets mit jährlich steigenden Preisen, online-Buchungen sind etwas günstiger. Das Preisschild im Sommer 2016: Der Erwachsene zahlt 15.50 und Kinder von fünf bis 15 Jahren immerhin noch 9.30 Pfund.

Der Zauber des Steinkreises

Doch selbst der Andrang in der Sommer-Urlaubszeit kann nicht verhindern, dass bei der Annäherung an das Steinzeitmonument die gesamte archäologische Landschaft einen gewissen Zauber entfaltet. Im Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit steht die zentrale Steingruppe, die vor rund 2.500 Jahren an diesen Ort transportiert und in Kreis- und Hufeisenform aufgestellt wurde. Ursprünglich existierte hier eine Einfriedung (engl. henge) mit Außenwall und innerem Graben, die in den Jahrhunderten versandeten. In den Forschungen besonders der letzten Jahrzehnte fanden die Wissenschaftler auch eine Avenue, vermutlich angelegt als Prozessionsweg vom Ufer des nahen Flusses Avons in die Einfriedung des Stonehenge sowie eine größere Anzahl kleiner Steine, so genannter Blausteine. Sie stammen aus den Presli-Bergen im Westen von Wales, 250 Kilometer entfernt von Stonehenge. Manche dieser Steine sind bis zu drei Tonnen schwer. Wie transportierten die Menschen damals diese Gesteinsarten über diese Distanz bis hier hinaus auf die Ebene von Salisbury?

Transport von 35 Tonnen in der Steinzeit

Die Hauptgruppe, die insgesamt 17 Steine umfasst, ist mit einem dünnen Plasteband weiträumig abgesperrt. Sie ist das Ziel der Besucher, die sie in einer schier endlosen Prozession umrundet. Die größten Exemplare aus Sandstein wiegen mehr als 35 Tonnen. Dieser Steinkreis wirft eine ganze Reihe von Fragen auf, die die Ehrfurcht und das Erstaunen über die Erbauer steigen lassen. Denn die Archäologen stellten eindeutig fest, dass diese Steine nicht bei der letzten Eiszeit von Gletschern hier abgelegt wurden. Bei anderen Fragen zum Behauen und Aufstellen der Steine schießen viele kühne Theorien und schillernde Erklärungen ins Kraut. Da werden Balkengerüste nachgebaut, um die Decksteine anzuheben und zu platzieren. Diese Stein-Ungetüme sollen mit einfachen hölzernen Schlitten und Rollen durch die Muskelkraft von 200 Menschen transportiert worden sein. Leider gelangt der Betrachter auf Grund der Absperrungen nicht mehr in den Innenkreis des Steinzirkels, um im Detail die Bearbeitung der Steine zu bewundern.

Geldmaschine der Neuzeit

Ebenfalls gibt es auch noch eine Reihe von Fragezeichen, warum Stonehenge in der Bronzezeit, weit entfernt von Siedlungsorten, mit soviel Aufwand gebaut wurde. Welche Rolle spielte die Wintersonnenwende oder der Glaube an die Heilkraft bestimmter Steine? Oder ist es nur ein Platz für die Feier von Jahreszeiten und ein heiliger Ort von Feuerbestattungen? In einschlägigen Reisebüchern wird empfohlen, in dem gemütlichen Stonehenge-Cafe über diese Rätsel nachzudenken und zu diskutieren. Doch im August 2016 ist dieses Cafe nicht mehr zu finden und an seine Stelle ist ein riesiges Selbstbedienungs-Restaurant mit Plastiktischen und Plastikstühlen getreten, in dem in Schlangen zu saftigen Preisen Pasta auf Plaste-Tellern und Kaffee in Pappbechern erstanden werden kann. Sicher ist auch der prähistorische, rätselhafte Steinzirkel im Restaurant mit den großen Glasfronten ein Gesprächs-Thema. Nach dem Besuch ist es allerdings für die Touristen kein Geheimnis mehr, dass sich Stonehenge, das Wunder der Urzeit in eine Geldmaschine der Neuzeit verwandelt hat.

Text und Fotos von Ronald Keusch

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