Aufmarsch der Naturschönheiten

Immer wieder schwärmen die Besucher von der unglaublichen Vielfalt der Natur in Neuseeland.
Foto von Ronald Keusch
Foto von Ronald Keusch

In welchem anderen Land findet man Berge und Gletscherfelder wie in den Alpen, Fjorde wie in Norwegen, schier endlos sich ausstreckende begrünte Graslandschaften mit Schafen und Kühen wie in Irland oder Geysire wie im Nationalpark Yellowstone in Wyoming in den USA. Ebenso vielfältig präsentiert sich auch die Küste von Neuseeland. Sie ist so bizarr geformt wie romantisch gestylt, verfügt über lange einsame Strände, die durch Felsen zerklüftet sind wie auch über feine weiße Sandstrände, die zum Sonnen und Baden einladen. Mit mehr als 15.000 Kilometer besitzt das relativ kleine Inselland im Südpazifik eine der längsten Küstenlinien auf der Welt (10. Platz). Die Nordinsel ist geprägt durch seine Vulkane und zeichnet sich durch mildes Klima aus, fasziniert durch goldgelbe Strände und Tierparadiese in für Massentourismus unzugänglichen Küstenstreifen und Landzungen.

Tölpel am Cape Kidnappers

Dazu gehört die riesige Vogel-Kolonie der Tölpel mit mehreren tausenden Tieren nicht weit von Napier entfernt am Cape Kidnappers. Die Bezeichnung geht noch auf den englischen Kapitän Cook zurück und die verworrene Zeit der ersten Kontakte mit den Ureinwohnern. Die Maori entführten einen jungen Dolmetscher aus Tahiti, Mitglied der Schiffs-Mannschaft, der sich aber befreien konnte. So wurde die Entführung zum Namensgeber für die Landspitze. Eine Tour zu den Tölpeln vom Cape Kidnappers unternimmt man in einem Minibus von Gannet Safaris. Die Route führt durch eine malerische Hügellandschaft, die allerdings vor zwei Jahren durch einen Zyklon ziemlich gelitten hat und jetzt wieder aufgeforstet werden soll. Übrigens hat sich große Teile des abgesperrten Naturschutz-Gebietes der US-Millionär Julian Robertson gekauft, der dort für auserlesene Prominente eine Golfanlage angelegt und eine Lodge gebaut hat, wo sie sich weitgehend versteckt aufhalten können, zumal sie per Hubschrauber einfliegen. Auch für solche ausgefallenen Ambitionen hat Neuseeland Platz.

Der Vogel-Kolonie ganz nah

Nach 50 Minuten Fahrt sind die Nistplätze der Tölpel erreicht. Es ist ganz wunderbar, dass die Besucher sich der Kolonie auf nur wenige Meter nähern können, ohne die Tiere zu stören. Nur zur Brutzeit ist der Zugang völlig gesperrt. Die großen Vögel können bis zu 30 Jahre alt werden und kommen über weite Wege aus Australien im Juni zum Nisten hier ans Cape. Bei meinem Besuch im Januar sind die grau gefärbten Jungvögel, die von den erwachsenen weißen Vögeln mit goldgelber Kopfzeichnung gefüttert werden, gleich groß wie ihre Eltern. In wenigen Wochen müssen sie dann ihren ersten Fernflug über 3.000 km bis nach Australien absolvieren. Ständig landen und starten die Vögel, um ihren Nachwuchs mit Futter aus dem Meer zu versorgen. Der Start, aber noch mehr die Landung, wirkt recht ungeschickt und tölpelhaft, nomen est omen.

Naturphänomene aus der Erdkruste

Die Region um den Ort Rotorua steht auf der Nordinsel an der Spitze der Attraktionen für Touristen. Und das ist auch nicht verwunderlich. Denn der kleine Ort Rotorua am gleichnamigen See ist quasi die Welthauptstadt der am besten zugänglichen Geothermalgebiete auf der Erde. Auch die an einigen Stellen damit verbundene Duftnote von aufsteigendem Schwefelwasserstoff (Geruch von faulen Eiern) bremst keineswegs die Neugier der Touristen. Etwa 30 Autominuten von Rotorua entfernt liegt Wai-O-Tapu Wonderland der heißen Quellen. Es hat auf einer Fläche von 18 Quadratkilometern jede Menge kollabierte Krater, heiße und kalte Seen, hoch kochende Schlammtümpel und dampfende Erdspalten zu bieten. Alles das ein Ergebnis von Vulkanen, die vor 160.000 Jahren ausbrachen und diese bizarre Landschaft formten. Pünktlich um 10.15 Uhr tritt dann täglich Geysir Lady Knox auf. Wie in einem Amphitheater haben sich hunderte Touristen auf langen Sitzreihen versammelt. Mit der Zugabe von seifigen Tensiden beginnt der Geysir gehorsam eine bis zu zehn Meter hohe Wasser-Chemikalien Fontäne nach oben zu schießen. Hunderte von Kameras aller Formate und Größen starten ein heftiges Klick-Feuerwerk.

Champagne Pool orange eingerahmt

Auf den Wanderwegen im Gelände ist viel zu bestaunen. Da gibt es schwefelreich dampfende Krater (Devil`s home) und die runden Schlammtümpel (Devil`s Ink Pots - Tintenfässer des Teufels). Eine besondere Attraktion ist zweifellos der Champagne Pool, dessen Quelle einen Durchmesser von 65 Metern und eine Tiefe von 62 Metern aufweist. Seine Wassertemperatur liegt bei 74 Grad Celsius und durch Kohlendioxid entstehen aufsteigende Perlen. Der Pool mit einem grauen orange Rand eingerahmt enthält mineralhaltiges Wasser mit Anteilen von Gold, Silber, Arsen, Quecksilber, Schwefel. Das Wasser ist auch reich an Siliziumoxid, das sich beim Verdunsten ablagert und über Jahrhunderte Terrassen bildet. Die Besucher kommen angesichts der Vielzahl von Kratern und Geysiren aus dem Staunen nicht heraus. Und dennoch bleibt der Kratersee Devil`s Bath mit seiner neongrün leuchtenden Wasserfarbe, hervorgerufen durch Arsensulfide, besonders in Erinnerung. Diejenigen Bildmotive sind besonders attraktiv, in denen Kraterseen von einer grünen Landschaft und Bergen im Hintergrund eingerahmt werden.

Der Spitzname und haarige Früchte

Eine der ersten Lektionen, die der Tourist zu lernen hat, ist die verschiedene Bedeutung des Wortes Kiwi. Eigentlich ist Kiwi eine Frucht, außen haarig, innen grün, die ursprünglich aus China kommt, und Mitte des 20. Jahrhunderts von Neuseeland im großen Stil nach England exportiert wurde. So verbreitete sich der Spitzname Kiwi für Neuseeländer, das Land aus dem damals die Kiwis nach Europa kamen. Mittlerweile kommen die meisten Kiwis aus Italien auf den deutschen Markt. Doch ursprünglich hat die Bezeichnung etwas mit einem für Neuseeland typischen Vogel zu tun, dem flugunfähigen Kiwi. Er ist aufgrund der erdgeschichtlichen Entstehung nur in Neuseeland zu Hause. Als vor mehr als hundert Jahren eine Firma diesen Vogel als Logo auf eine Schuhcreme platzierte und neuseeländische Soldaten sie im 1. Weltkrieg mit nach Europa brachten, war die Erhebung des Kiwi zum Symbol des Landes nicht mehr aufzuhalten. Während andere Nationen sich als Wappentier in der Mehrzahl für Löwen und Adler entschieden haben, wählten sich die Neuseeländer den Kiwi. Er kann nicht fliegen, aber mit seinen starken Beinen schnell weglaufen, er ist nur schlecht getarnt und deshalb nachtaktiv und hat sich dank der intensiven Kost von fetten Würmern und Insekten zu einem "übergewichtigen Fußgänger" entwickelt. Übrigens zur Unterscheidung wird dem haarigen Obst mit grünem Fleisch der Zusatz Frucht hinzu gefügt, also Kiwifrucht. Der Kiwi-Vogel als Wappentier und Spitzname für die Neuseeländer - keine so unsympathische Wahl.

Kiwi-Vögel im Halbdunkel

Während die Figur wie die Abbildung des Kiwi-Vogels in allen Souvenir-Läden massenhaft auftritt, ist sein natürliches Vorkommen in der freien Wildbahn nur noch auf wenige Naturschutzgebiete reduziert. Und da die Tiere nachtaktiv und sehr scheu sind, haben selbst viele Einheimische kaum eine Chance, die Tiere in natura zu sehen. Doch auch für dieses Problem haben die praktisch veranlagten Neuseeländer eine Lösung. Im Kiwi North Center in Maunu auf der Nordinsel hat man für zwei Kiwi den Tag zur Nacht gemacht. So kann der Besucher am helllichten Tag in einem verdunkelten großen Terrarium hinter einer Glasscheibe mehrmals am Tag die Fütterung der Tiere beobachten. Ihr Schnabel ist sehr lang und nach unten gebogen. Auch im Halbdunkel ihres Terrariums war gut zu erkennen, dass sie sich ab und zu auf ihrem Schnabel abstützen, um beim Stehen das Gleichgewicht zu halten. Als sich im Zuschauerraum bei der Fütterung ein Kind bewegte, huschten beide Kiwis außer Sichtweite,um etwas später zögerlich wieder aufzutauchen. Sie sollen nicht gut sehen, besser hören und sehr gut riechen können - komische Vögel.

Schutz von Flora und Fauna

Die Neuseeländer investieren viel, um die Natur ihres Landes zu schützen. Das beginnt damit, dass sie auf den Flughäfen das Einfuhrverbot von Lebensmitteln in ihr Land sehr scharf mit extra ausgebildeten Suchhunden kontrollieren. Überall hängen Schilder, die darüber informieren, dass ein widerrechtliches Mitführen von Lebensmitteln jeder Art sofort mit einer Strafe von mindestens 400 Neuseeland-Dollar belegt wird. Da kann ein kleiner unschuldiger Apfel richtig teuer werden. Der Kauri-Baum ist der größte und berühmteste der in Neuseeland beheimateten Bäume und der große Stolz der Neuseeländer. Er wächst im gemäßigten Regenwald der Nordinsel. Einst bedeckten sie große Teile der Insel. Heute gibt es nur noch wenige Exemplare. Von Auckland etwa 120 Kilometer Richtung Norden entfernt, erstreckt sich an der Westküste der Waipoua Kauri Forest. Das Kauri-Museum in Matakohe präsentiert seinen Besuchern ganz unaufgeregt den Star des Urwaldes, der bis zu 4.000 Jahre alt werden kann. Seit der Besiedlung von Neuseeland wurden die Giganten ein Exportschlager und drohten der Holzindustrie zum Opfer zu fallen. Schließlich stellte die Regierung die Riesenbäume vor 60 Jahren unter Naturschutz. Der Bestand ist heute gefährdet durch pilzähnliche Mikroorganismen, die durch die Schuhe der Besucher eingeschleppt werden und langfristig zum Sterben der Kauris führen können. Es wird daher erwogen, die Kauriwälder für die Besucher zu sperren.

Vogelparadies Zealandia

Das Naturschutzgebiet Zealandia Ta Mara a Tane liegt in Karori, einem Vorort von Wellington. Es ist nach dem neuseeländischen Mikrokontinent benannt, der sich vor 85 Millionen Jahren von Godwana-Land abgetrennt hat. Das Reservat hat die beachtliche Größe von 253 Hektar und ist mit einem 8,6 km langen vor Raubtieren gesicherten Zaun umgeben. Überall sind Vogelstimmen zu hören, an einer Stelle im Gelände sogar auf Knopfdruck. Eine Vielzahl von Vögeln ist hier zur Freude der Besucher unterwegs. Da ist der North Island Saddleback (mit einem braunen Streifen auf dem Gefieder) und der North Island Robin zu beobachten. Da erscheint der Takahe auf der Bildfläche, ein großer flugunfähiger Vogel. An einer Futterstelle sind mehrere Kaka zu entdecken, eine große Papageienart. Außerdem sind die Taube Kerekü und der Vogel Tui mit einer weißen Kugel an der Brust zu sehen. Ein Paradies für die einheimische Vogelwelt und für die Touristen.

Gletscher wie in den Alpen

Magazin Tourismus.International, April 2018 Die Gebirgszüge auf der Südinsel werden ohne Übertreibung als die "Südlichen Alpen" bezeichnet. Immerhin erreichen 17 Gipfel eine Höhe von mehr als 3.000 Meter. Wie auch die Alpen in Europa haben die Neuseeländischen Alpen ihre Gletscher. Ihre Eiszungen reichen weit hinab in die Regionen des Regenwaldes und der Küste und wie in Europa sind sie durch die Klimaveränderung teilweise auch auf dem Rückzug. Das eisige Zentrum bilden die nicht weit entfernt voneinander liegenden Franz Josef Gletscher und der Fox Gletscher. Naheliegend für die Touristen wurde die kleine Ortschaft Weheka gleich in "Township Fox Glacier" umbenannt. Wie in Österreich oder der Schweiz führen viele Wanderwege zu den Gletscherzungen.

Nur sechs Kilometer vom Fox-Gletscher entfernt liegt der Lake Matheson. Sensationelle Sichten auf den Gletscher verspricht eine Wanderung rund um den See. An einigen Aussichtspunkten spiegeln sich die Berge und Gletscher auf der Seeoberfläche wider. Außerdem schlägt den Besucher der an den schmalen Pfad um den See angrenzende Urwald mit seinen riesigen Baumfarnen in seinen Bann. Später auf der Straße ein noch intensiveres Erlebnis des Urwalds. Die Strecke führt scheinbar mitten durch sehr dichtes undurchdringliches grünes Buschland, das wie eine grüne Mauer die Fahrbahn säumt. So hat es früher nahezu überall in Neuseeland ausgesehen, ehe die Besiedlung vor rund 700 Jahren durch die Maori, die Ureinwohner Neuseelands und später durch die Europäer den Urwald zurück drängte.

Text und Fotos von Ronald Keusch

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